Allgemein

Manfred Kroha
Steuerberater
Stv. BDS Bezirksvorsitzender Oberbayern/Ost

BDS Expertengespräch – Drei Fragen an Manfred Kroha

Warum der Christbaum unterschiedlichen Steuergrundlagen unterworfen ist

Herr Kroha, das Weihnachtsfest steht unmittelbar vor der Tür und Bayerns Bürgerinnen und Bürger kaufen gerade fleißig Christbäume, die dann spätestens am 24. Dezember hellerstrahlt in den Wohnzimmern stehen werden. Was jedoch viele Käufer nicht wissen: der Mehrwertsteuersatz kann variieren. Warum ist das so?

Kroha:

Ja, die Christbäume sind eine steuerliche Besonderheit, die sogar die drei möglichen Steuersätze von Schweineohren übertrifft. Je nach Verkäufer können 5,5 % (Baum aus dem Wald = forstwirtschaftliches Erzeugnis), 7 % (Kauf im Einzelhandel), 10,7 % (Baum vom Landwirt oder aus der Baumschule, welche hierfür eine Kultur angelegt hatten) und schließlich 19 % (Plastik-Tanne) an Umsatzsteuer berechnet werden. Mehr Auswahl an Steuersätzen ist nicht mehr möglich. Als fünfte Variante wäre noch ein gewerblicher Kleinunternehmer nach § 19 UStG als Einzelhändler denkbar, und somit sogar eine umsatzsteuerfreie Lieferung.

Welche bürokratischen Herausforderungen entstehen hierbei für den Unternehmer und gibt es noch weitere Beispiel der unterschiedlichen Besteuerung?

Kroha:

Für einen Unternehmer ist so nicht mehr klar erkenntlich, was sich auf den ersten Blick hinter dem Bruttopreis verbirgt. So kann man für einen Christbaum im Kundenbereich seines Büros sehr schnell auf ganz unterschiedliche Vorsteuern kommen. Auch können viele Standart-Buchhaltungssysteme die Steuersätze 5,5 % und 10,7 % nicht automatisch in Netto und Vorsteuer aufteilen, so dass manuelle Nacharbeit notwendig ist. Im Lebensmittelbereich gibt es hier noch viele Seltsamkeiten: z. B.: Hausschwein-Fleisch 7 % – Wildschwein-Fleisch 19 % oder Kartoffeln 7 % – Süßkartoffeln 19 %.

Sind diese unterschiedlichen Besteuerungen sinnvoll oder gibt es aus Ihrer Sicht notwendige Angleichungen, die gerade für den Mittelstand angebracht wären?

Kroha:

Grundsätzlich versteht der Gesetzgeber die 5,5 % und 10,7 % Umsatzsteuer in der Landwirtschaft als Steuererleichterung. Vielen ist nicht bekannt, dass es neben dem Steuersatz 19 % und dem ermäßigten Steuersatz 7 % noch diese weiteren Varianten gibt. Hier sieht man wieder deutlich, dass neben den bereits großen Ausnahmen für den ermäßigten Steuersatz weitere Stilblüten das Umsatzsteuerrecht „verzieren“. Eine grundlegende Entschlackung der Anlage 2 zum UStG mit über 100 Ausnahmen wäre sicherlich sinnvoll.