Allgemein

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

sehr geehrter Herr Bundesminister Scholz,

sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,

 

wir wenden uns heute an Sie, nicht nur mit einem Appell, sondern vielmehr mit einem Hilferuf. Vertrauen Sie bitte auf das Verantwortungsbewusstsein unserer Unternehmen. Das Bild, das Sie von unseren Unternehmen zeichnen, ist fatal und zudem ein absoluter Affront gegenüber unseren verantwortungsvollen Mitgliedern. Bitte beachten Sie, dass Ihr Erfolg bei der Pandemiebekämpfung nicht nur von der Bereitschaft der Zivilgesellschaft, sondern eben maßgeblich auch von uns Unternehmern abhängt. Wer Partner braucht, sollte diese nicht leichtfertig vor den Kopf stoßen.

Wir, der Bund der Selbständigen – Gewerbeverband Bayern e.V., beraten nun seit Beginn der Corona-Krise unsere Mitglieder, informieren sie mehrmals täglich, fragen Stimmungen und Meinungen ab, formulieren Forderungen und Lösungskonzepte. In erster Linie stehen wir aber Seit an Seit mit unseren rund 15.000 bayerischen Mitgliedsunternehmen in dieser wirtschaftlich schweren Zeit. Wir helfen dort, wo wir es können, damit die Unternehmen es auch schaffen, die Übernahme ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, die kaum ein Mitglied dem Grunde nach in Frage stellt, auch wirtschaftlich zu überleben.

 

Allen Schwierigkeiten zum Trotz waren die vergangenen Wochen und Monate von großer Solidarität unserer bayerischen Unternehmen geprägt. Unternehmer kämpfen um die Arbeitsplätze ihrer Angestellten, investieren in der Regel überobligatorisch in Hygienemaßnahmen und -konzepte und gewichten den Schutz der Mitarbeiter und Kunden schwerer als den eigenen wirtschaftlichen Erfolg. Sehr oft halten sie bereitwillig ihre Geschäfte und Einrichtungen geschlossen, um die Bevölkerung nicht zu gefährden.

 

Selbstverständlich haben sich unsere Unternehmerinnen und Unternehmer mehrheitlich auch schon um Tests für ihre Mitarbeiter gekümmert. So gaben beispielsweise 75 % der befragten Unternehmen in einer Umfrage der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft an, bereits Tests anzubieten bzw. dies in naher Zukunft zu planen. Viele dieser Unternehmen mussten aber feststellen, dass diese – entgegen Ihren wiederholten Beteuerungen – nicht immer in ausreichender Zahl erhältlich waren. Die freiwillige Selbstverpflichtung konnte aus diesem Grund bisher nur bedingt funktionieren. Trotzdem wurde seit Wochen eine etwaige Testpflicht für Unternehmen angedroht, wenn eine freiwillige Umsetzung „der Wirtschaft“ nicht funktioniere. Wir dürfen an dieser Stelle deutlich herausarbeiten, dass eine fehlende Teststrategie dazu führte, dass unserer Gesellschaft und damit unseren Unternehmen auch heute noch nicht flächendeckend ausreichend Schnelltests zur Verfügung stehen. Auch heute reicht der Markt noch nicht, um auch nur die Nachfrage der „freiwilligen Unternehmer“ stets zeitnah zu befriedigen. In dieser Situation beschließen Sie eine sog. „Testpflicht“ für Unternehmer und begründen sie damit, dass nicht ausreichend „Freiwilligkeit“ vorhanden sei

 

Sieht so die Wertschätzung aus, die Ihr wichtigster Partner, nämlich die mittelständische Wirtschaft, verdient?

Schaut man genauer auf die geplanten Maßnahmen, dann wird der fehlende Respekt vor der Leistung der Unternehmen noch offenkundiger. Schließlich wird mit der angedachten Pflicht zum Angebot von Tests kein nennenswerter bzw. erkennbarer Beitrag zur Pandemiebekämpfung geschaffen. Gleichzeitig sorgt man aber für erheblichen Mehraufwand in den Betrieben und damit auch erneut für erhöhte Kosten. Zusätzlich ist es für kleine Betriebe unzumutbar, Antigene-Schnelltests durch extra dafür ausgebildetes Personal durchführen zu lassen.

 

Arbeitgeber könnten innerhalb eines gesamten Testkonzepts einen wichtigen Betrag leisten, wenn durch diese Tests ein Beitrag geleistet werden würde, engmaschig Infektionsketten frühzeitig zu unterbrechen und damit das Infektionsgeschehen effektiv einzudämmen. Das Erreichen dieses Beitrags muss doch die Mindesthürde sein, wenn unsere gebeutelten Unternehmen zu kostenaufwendigen Maßnahmen verpflichtet werden sollen. Wir Unternehmer können nichts dafür, wenn diese Hürde mangels funktionalem politischen Konzept derzeit noch nicht überschritten werden kann.

 

Eine teure und oftmals nicht umzusetzende Verpflichtung für Unternehmer, Tests für willige Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen, verfolgt ausschließlich die konzeptlose Hoffnung, dass es hierdurch irgendwie zu mehr Testungen kommt und mehr Testungen irgendwie zu mehr Sicherheit führen werden.

Es drängt sich für uns leider der Eindruck auf, dass hier Symbolpolitik auf den Schultern der Unternehmerinnen und Unternehmern betrieben wird und kein sinnhafter Infektionsschutz.

 

Wir fordern Sie daher auf, weiter auf das Verantwortungsbewusstsein unserer Unternehmerinnen und Unternehmer zu setzen. Sie würden ein dringend notwendiges Zeichen der Wertschätzung an Ihren Partner in der Krise, den Mittelstand, senden. Zudem sei der Hinweis gestattet, dass die Schaffung einer ausreichenden Versorgung mit Schnelltests und die umgehende Zusage der Kostenübernahme die Freiwilligkeit der Unternehmer sicher gegen 100 % anwachsen lassen.

Politik und Wirtschaft funktionieren nur als Partner, gerade in dieser Pandemiezeit. Verlieren Sie das bitte nicht aus den Augen!  Viele Fehler zu Lasten der Unternehmer wurden in den letzten Monaten schon gemacht. Mit Ihrer Entscheidung zur Testpflicht und deren Kommunikation gefährden Sie ein weiteres Stück diese Partnerschaft.

 

Beste Grüße und bleiben Sie gesund.

 

 

Gabriele Sehorz

Präsidentin BDS Bayern