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Stoppt die Mehrwertsteuerregelung

Der Effekt wird ausbleiben – die Bürokratie wird bleiben

München – „Ein Wumms ist das neue Konjunkturpaket – ja, das stimmt. Mit einem heftigen Knall fordert es von den Unternehmerinnen und Unternehmern einen Bürokratieaufwand mitten in der Wiederaufbauarbeit – ein Aufwand, der viele ratlos zurücklässt und zum bürokratischen Irrsinn wird.“, so Gabriele Sehorz, Präsidentin des Bund der Selbständigen – Gewerbeverband Bayern e.V.

Das sehen auch die Mitgliedsunternehmen des größten branchenübergreifenden Mittelstandsverbandes in Bayern so: Auf die Frage, ob positive Effekte durch die Mehrwertsteuersenkung zu erwarten sind, antworteten drei Viertel (76,2 Prozent) mit „NEIN“. Auch die erhoffte Umsatzsteigerung für die Monate Juli bis Dezember 2020 sehen die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht kommen. Hier gehen 88,9 Prozent davon aus, dass sie keine Umsatzsteigerung in ihren Betrieben erleben werden. Die Mehrheit möchte die Steuersenkung an die Kunden weitergeben.

Was den Konsumenten freut, führt unweigerlich gleichzeitig tausend Fallstricke in der steuerlichen Behandlung mit sich und kaum ein Verbraucher ahnt, was hinter der hoffentlich gut gemeinten Mehrwertsteuersenkung steckt.

Wir möchten nur ein paar Beispiele geben: die geleisteten Anzahlungen im Baugewerbe bis 30. Juni müssen für alle Handwerksleistungen, die im 2. Halbjahr ausgeführt werden, umsatzsteuerrechtlich korrigiert werden. Auch die Schlussrechnung muss entsprechend ausgestellt werden. Der Mitgliedsbeitrag für ein Kalenderjahr und jährliche Lizenzgebühren unterliegen dem verminderten Steuersatz, weil die Leistungen aus steuerrechtlicher Sicht erst am 31.12.2020 vollendet sein werden. Die Folge sind – je nach Branche – tausende von Korrekturbuchungen für die letzten sechs Monate. Laufende Einzugsermächtigungen müssen für genau sechs Mal korrigiert werden. Das gilt für das Fitness-Studio, das endlich wieder öffnen darf, wie für gewerbliche Mieten, für Leasingverträge, Softwarelizenzen und auch für das Zeitungsabo. Jede einzelne Rechnung muss separat geprüft werden – es wird viele Rückfragen geben. Skontoabzüge, PKW-Überlassung an Mitarbeiter, Jahresboni, Reisekosten – überall sind Änderungen vorzunehmen. Kassensysteme müssen umgestellt werden und in der Buchhaltung müssen neue Konten angelegt werden. Die Fehlerquellen sind derart zahlreich, dass die nächste Umsatzsteuerprüfung für viele Unternehmer, auch wenn sie sich sicher sind, gewissenhaft gehandelt zu haben, zu einem riesigen Problem werden kann.

Sehorz abschließend: „Für fragwürdige sechs Monate innerhalb kürzester Zeit in einer wirtschaftlich mehr als kritischen Phase solch eine Änderung zu beschließen, ist ein vollkommener Wahnsinn!“

Zur Blitzumfrage

Über 76,0 Prozent sehen durch die Senkung negative Folgen auf sich zukommen. Allen voran einen Mehraufwand bei der Abrechnung (62,5 Prozent), gefolgt von einem Mehraufwand für die Mitarbeiter bei der Umsetzung (46,2 Prozent), erhöhte Kundenrückfragen aufgrund von Abrechnungsabgrenzung – Beispiel Anzahlung oder Schlussrechnung – (40,9 Prozent). Besonders besorgniserregend ist es, dass jedes dritte Unternehmen (33,7 Prozent) eine Haftungsproblematik befürchtet, da es durch die temporäre Änderung zu einer falschen beziehungsweise unberechtigt ausgewiesenen Mehrwertsteuer kommen könnte. Auch eine fehlerhafte technische Umsetzung befürchten immerhin 32,5 Prozent. 16,5 Prozent sind der Meinung, dass dadurch lediglich Umsätze verschoben werden und 13,6 Prozent befürchten durch die angekündigte Senkung einen weiteren Umsatzeinbruch für den Monat Juni. Und schließlich gehen 13,5 Prozent von einem verminderten Kaufinteresse im ersten Quartal 2021 aus.

Die befragten Selbständigen gliedern sich in: 5,0 Prozent Industrie, 25,2 Prozent Handwerk, 5,6 Prozent Bauwirtschaft, 22,3 Prozent Handel, 8,4 Prozent Tourismus/Gastronomie, 22,6 Prozent Dienstleistung (außer Tourismus/Gastronomie) und 11,0 Prozent freiberuflich Tätige.

In weniger als 15 Stunden haben sich in der Umfrage 1.552 Unternehmerinnen und Unternehmer zurückgemeldet.